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Josef Ruhland 10/2023

Das Sterbebild. Die letzte Visitenkarte eines Verstorbenen.

Ein Abriss der Geschichte der Kopfinger Sterbebilder von 1880 bis zum 1. Weltkrieg zeigt den kulturellen und religiösen Umgang mit dem Tod: Der aufgedruckte Gebetsaufruf sollte das Seelenheil der Verstorbenen absichern, die Lebensdaten mitsamt einem später aufgedrucktem Foto hielt die Erinnerung an liebe Verstorbene hoch.

Das älteste Sterbebild der Sammlung Johann Hauser erinnert an die Kopfinger Auszüglerin Theresia Grünberger, verstorben im 62. Lj.
Das älteste Sterbebild der Sammlung Johann Hauser erinnert an die Kopfinger Auszüglerin Theresia Grünberger, verstorben im 62. Lj.

Die ältesten Sterbebilder wurden schon im 17. Jh. in den Niederlanden - wohl als Begleiter der Gegenreformation - als "Totenzettel" gedruckt. Die "Evangelischen" kannten keine Sterbebilder....

Bei uns in Kopfing hätte vor 1870 kaum jemand die auf den Sterbebildern aufgedruckten Lebensdaten lesen können. Die Sterbebilder in unserer Region entwickelten sich parallel zu den schon verbreiteten Andenkenbildchen, die oft anlässlich von Erstkommunion und Wallfahrten ausgegeben wurden.

 

Die Rückseiten der Sterbebilder zierten oft Heilige, dazu biblische Sinnsprüche und Kurz- oder Ablassgebete, die den Verstorbenen die Zeit im Fegefeuer verkürzen sollten.

Im Druck wurden die Bilder bis 1900 als Stahlstich oder Lithografie umgesetzt.

 

V.l.n.r. oben:
Andachtsbild "Jesus gibt zur Himmelsreise sein eigen Fleisch und Blut zur Speise" (Franziska Osterkorn, Bäurin in Raffelsdorf, +16.7.1891 im 49. Lj.).

Passionsbild "Jesus gab für dich sein Leben hin, darum ist Sterben ein Gewinn" (Mathias Zauner, led. Bauerssohn vom Bauhansengut in Engertsberg, +11.10.1890 im 31.Lj.)

Schutzengelbild "Das Kreuz ist meine Zukunft und die Kraft, die mir Seligkeit verschafft" (Mathias Wietzeneder, Inwohner in Königsedt, +17.1.1891 im 78. Lj.)

Die beiden Schutzengelbilder zeigen die zwei unterschiedlichen Rückseiten derselben Vorderseite: Verstorben war die Kaufmannstochter Hildegard Grüneis aus Kopfingerdorf (+20.11.1938 im 8. Lj.).

Die Sterbebilder waren vor Ort zu haben (auf der Post, beim Mesner und Krämer sowie schließlich beim Pfarramt. Lokale Druckereien erwarben die schönen Rückseiten von großen Verlagen und bedruckten diese nach den Angaben des örtlichen Verlegers mit (manchmal auch fehlerhaften) Lebensdaten und nutzten auch vorhandene Restbestände: So erhielt das Sterbebild einer Person oft einige verschiedene Rückseiten.

Kurios: Diese "Arbeitsteilung" dürfte wohl auch für schwerwiegende Fehlleistungen verantwortlich gewesen sein. Ein Beispiel dafür findet sich rechts.

 

Auf dem Sterbebild des ledigen Bauernsohnes Ludwig Maier aus Götzendorf sind  weder Todestag noch Sterbejahr aufgedruckt ...

Die färbige Vorderseite des Sterbebildchens ziert unter dem Kreuz der Spruch: "Sieh am Grabe Rosen und Veerissmeinicht! Denke, auf die Todesnacht folgt Himmelslicht!"

 

Die Sterbematriken bringen Klarheit:

 

Ludwig Maier verstarb in Kopfing Nr. 13 (Götzendorf) am 23.11.1890 um 10 Uhr nachts im Alter von 26 Jahren an Lungen­sucht.

Begraben wurde er am 26.111.1890 auf dem Pfarrfried­hof Kopfing.

 


Anton Schmidtbauer, Sterbebild des ersten Bäckers am Gänsbach (1821-1882) +28.9.1882 im 62. Lj.
Anton Schmidtbauer, Sterbebild des ersten Bäckers am Gänsbach (1821-1882) +28.9.1882 im 62. Lj.

Die Rückseiten waren religiös geprägt und wünschten den Verstorbenen die ewige Ruhe und oft auch einen Ablass auf die zu erwartende Zeit im Fegefeuer.

 

Die Vorderseite hielt die Erinnerung an das Leben des Toten fest:

Die Herkunft war wichtig (Haus-, Hof- und Flurnamen).

Die soziale Stellung durfte nicht fehlen (Besitz, Stand und Beruf - ledig, Auszügler, Inwohner ...).

Der Empfang der hl. Sterbesakramente wurde ebenso angeführt wie bei Frauen oft die Mitgliedschaft in einem dritten Orden

Das Sterbebild links gibt einen Nachruf auf den Verstorbenen in Form eines Gedichtes wieder - eigentlich eine Art Testament mit Wünschen an die Kinder und der Bitte, an ihn  und das himmlische Reich zu denken: "Lebt nur fromm und betet recht gern ..."


Während in größeren Städten Sterbebilder mit der Erfindung der Fotografie schon vor 1900 "Totenbilder" zeigten, tauchen in ländlichen Gegenden erst mit dem Beginn des 1. Weltkrieges Sterbebilder mit dem Foto von Verstorbenen auf.


Die abgebildeten Sterbebilder stammen aus den
Sammlungen von Johann Hauser und Johann Schöfberger!